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Nachhaltige Geldanlage - Handlungsfeld für die Verbraucherpolitik BW

Stand:
Im erklärten Willen, Baden-Württemberg zum führende Klimaschutzland zu machen, bekennt sich die neue Landesregierung dazu, dass Kund:innen bei nachhaltigen Finanzanlagen zuverlässig erkennen können sollen, ob und in welchem Umfang ihr Geld für Umweltziele eingesetzt wird.

Im erklärten Willen, Baden-Württemberg zum führende Klimaschutzland zu machen, bekennt sich die neue Landesregierung dazu, dass Kund:innen bei nachhaltigen Finanzanlagen zuverlässig erkennen können sollen, ob und in welchem Umfang ihr Geld für Umweltziele eingesetzt wird. Sie hebt insbesondere hervor, dass anhand eines einfachen und zuverlässigen Systems erkennbar sein muss, in welchem Maß die mit dem Geld getätigten Investitionen dem Klimawandel entgegenwirken (S. 18 KoaV). Zudem erklärt sie, nachhaltige Geldanlagen und Provisionen bei Finanzanlagen zu einem zentralen Handlungsfeld ihrer Verbraucherpolitik zu machen (S. 115 KoaV).
Wir begrüßen diese Vorhaben sehr. Treffen sie doch auf die Erwartungen der Verbraucher:innen, durch ihre Marktentscheidungen zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels beitragen zu können.
Damit Baden-Württemberg das führende Klimaschutzland auch im Bereich nachhaltiger Geldanlagen werden kann, legen wir im Folgenden dar, weshalb es von großer Bedeutung ist, die beiden Themenfelder miteinander zu verbinden.

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Nachhaltige Geldanlage als Instrument der gesellschaftlichen Transformation
Das Vorhaben, Baden-Württemberg auch mittels nachhaltiger Geldanlagen zu dem führenden Klimaschutzland zu machen, stellt einen gesellschaftlichen Transformationsprozess dar. Dieser Prozess beruht fundamental auf einer verbindlichen demokratisch legitimierten Festlegung, welches Finanzanlageprodukte als nachhaltige Geldanlage zu gelten hat. Das Vorhaben bedeutet zugleich, dass eine zentrale den Transformationsprozess treibende Kraft die selbstbestimmten Marktentscheidungen der Verbraucher:innen sind. Um also den Transformationsprozess mittels nachhaltiger Geldanlage erfolgreich zu gestalten, bedarf es eines Rahmens, der den Verbraucher:innen zuverlässig die den Transformationsprozess unterstützende Entscheidung ermöglicht.


Nachhaltige Geldanlagen
Informierte und selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können, setzt aus der Perspektive der Verbraucher:innen voraus, über die am Mark als „nachhaltig“ oder „klimafreundlich“ beworbenen Produkte vollständig und verlässlich informiert zu sein.
Verbraucher:innen stehen bei der Entscheidung, mit dem Erwerb einer Geldanlagen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten zu wollen, allerdings vor einem Informationsproblem auf drei Ebenen. Dieses Problem ergibt sich aus dem besonderen Charakter von Nachhaltigkeit als Produkteigenschaft, der Geldanlageprodukte im Allgemeinen und der Finanzberatung.

a)    Nachhaltigkeit ist eine Vertrauenseigenschaft
Ihr Nachhaltigkeitsaspekt ist einer Geldanlage weder vor dem Kauf noch nach dem Kauf anzusehen. Bei ihrer Entscheidung, eine nachhaltige Geldanlage zu kaufen, sind Verbraucher:innen auf zusätzliche Informationen über den Nachhaltigkeitsaspekt einer Geldanlage angewiesen. Diese zusätzlichen Informationen müssen sowohl eindeutig als auch verlässlich sein.
Für Anbieter besteht stets der Anreiz, sich selbst beziehungsweise über Label eine eigene Definition des Nachhaltigkeitsaspekts einer Geldanlage zu geben, um sich gegenüber Wettbewerbern ein Alleinstellungsmerkmal zur Absatzförderung zu sichern. Aus der Perspektive der Verbraucher:innen führt das Streben der Anbieter nach Alleinstellung zu Uneindeutigkeit (Labeldschungel).
Für Anbieter besteht in dieser Situation zudem stets der Anreiz zu opportunistischem Verhalten, d.h. zur Übervorteilung der Verbraucher:innen. Schon das Vorhandensein dieses Anreizes bedingt, dass Selbstauskünfte der Anbieter ebensowenig als verlässlich gelten können wie Bewertungen von Ratingagenturen und privaten Labeln.
Eindeutigkeit erhalten Informationen, wenn sie für alle Marktteilnehmer:innen verbindlich und verständlich definiert sind. Verlässlichkeit erhalten Informationen dann, wenn sie von einer dritten Instanz zur Verfügung gestellt werden, die einen Einblick in die „Produktion“ der Geldanlage besitzt und diesen Einblick jederzeit auch gegen den Willen des Anbieters durchsetzen kann.
Aktuell gibt es aber weder eine verbindliche Definition von nachhaltiger Geldanlage noch ist der erforderliche Einblick in den Produktionsprozess gegen den Willen der Herausgeber der Geldanlagen tatsächlich abgesichert. Beides zusammen betrachtet lässt sich nur durch ein gesetzliches Kennzeichnungssystem absichern, zu dem auch eine hoheitliche Kontrolle gehört.
Da es aber zugleich sehr schwierig ist, den Staat als „letzte Instanz“ auf die Einhaltung der von ihm gesetzten Regeln zu verpflichten, kommt der strikten Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe eine zentrale Bedeutung für den Erfolg des Transformationsprozesses zu.

b)    Geldanlagen sind Vertrauensgüter
Mit dem Erwerb einer Geldanlage verfolgen Verbraucher:innen ein bestimmtes Ziel, beispielsweise eine ihren Lebensstandard sichernde Altersvorsorge. Ob mit der Geldanlage das gesetzte Ziel erreicht wird oder nicht, ist der Geldanlage weder vor dem Kauf noch nach dem Kauf anzusehen. So ist für Verbraucher:innen etwa bei einer Verfehlung des Anlageziels nicht erkennbar, inwiefern dies an den von dem Anbieter gesetzten Eigenschaften der Geldanlage selbst oder an äußeren Umständen, d.h. der Entwicklung des Finanzmarktes liegt.
Die Herausforderung der Geldanlageentscheidung aufgrund der Komplexität der Finanzmärkte eröffnet das Geschäftsfeld der gewerblichen Finanzberatung.

c)    Finanzberatung ist ein Vertrauensgut
Mit der Inanspruchnahme einer Finanzberatung verfolgen Verbraucher:innen das Ziel, eine bedarfsgerechte Anlageempfehlung zu erhalten, d.h. eine Anlageempfehlung mit der sie das von ihnen gesetzte Anlageziel (z.B. eine ihren Lebensstandard sichernde Altersvorsorge) erreichen. Hierbei sind Verbraucher:innen angesichts ihres beschränkten Budgets gezwungen zu wirtschaften. Ob aber mit der Finanzberatung das Anlageziel bedarfsgerecht erreicht wird, ist dieser weder vor der Inanspruchnahme noch danach anzusehen. So ist etwa bei einer Verfehlung des Anlageziels nicht zuschreibbar, inwiefern diese auf die Tätigkeit der Finanzberater:in (z.B. Qualifikation bzw. Provisions-/Honorarorientierung) zurückgeht oder auf äußere Umständen, d.h. der Entwicklung des Finanzmarktes oder der Geschäftspolitik des Anbieters der Geldanlage. Diese Situation eröffnet den Finanzberater:innen Raum für opportunistisches Verhalten, d.h. für eine Übervorteilung der Verbraucher:innen.

Fazit
Damit Baden-Württemberg auch mittels selbstbestimmter Marktentscheidungen der Verbraucher:innen für nachhaltige Geldanlagen zum führenden Klimaschutzland wird, sollte sich die neuen Landesregierung dafür einsetzen, dass

  • ein gesetzliches Kennzeichnungssystem für nachhaltige Geldanlagen eingeführt wird, zu dem auch die hoheitliche Kontrolle gehört,
  • ein Provisionsverbot für die Finanzberatung und
  • die effektive Überwachung der Finanzberatung etabliert werden
  • die staatlichen Intuitionen ihre marktüberwachenden Aufgaben strickt und ohne politische Einflussnahme verlässlich wahrnehmen und wahrzunehmen in der Lage sind.

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